Versehentliche Plagiate

Bei der Überprüfung der Doktorarbeit von Ursula von der Leyen stellte die MHH zwar Plagiate fest. Aber sie unterstellt eine unbewusste Täuschung: „Es gibt keine Anhaltspunkte für eine bewusste Täuschung. Es geht um Fehler, nicht um Fehlverhalten.“

Die fantastische Begründung des Senats der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) dafür, dass er Frau Dr. med. von der Leyen trotz ihrer erwiesenen Plagiate nicht den Doktortitel aberkannte, findet sich hier. (Alternativ: Berichterstattung auf spiegel.de)

Frau Dr. med. von der Leyen hat widerrechtlich aus fremden Werken kopiert und behält Amt und Titel in einem Land, in dem z.B. respectcopyrights.de mit fünf Jahren Knast droht für das widerrechtliche Kopieren fremder schöpferischer Werke. (Deren schockierende Spots drehen sich ja gerade darum, dass die fünf Jahre Knast auch dem drohen, dem das Unrecht seiner Handlung nicht bewusst ist.) In einem Land, in dem der Diebstahl eines Stückchens Bienenstich im Wert von 30 Cent zur fristlosen Kündigung führen kann (Quelle: kostenlose-urteile.de). Einem Land, in dem die Mitnahme von für den Abfall bestimmten Resten zu einer fristlosen oder fristgerechten Kündigung führen kann (siehe „Maultaschenfall“).

Ich kann mir nur schwer vorstellen, wie Frau Dr. med. von der Leyen versehentlich fremde Gedanken als die ihren ausgeben konnte. Sollte sie etwa immer wieder versehentlich auf ihrer Computermaus ausgerutscht sein, wie das Beatrix von Storch angab, um sich von menschenverachtenden Äusserungen ihrer Computermaus zu distanzieren?
Da kann ich mir ja gleich vorstellen, wie Frau Dr. med. beim Einkaufen versehentlich eine Proseccoflasche und ein Paar Schuhe in die Manteltaschen fallen. Oder dass die Intrigen gegen Lutz von der Heide – im Artikel ein Geflecht aus Intrigen auf faz.net nachgezeichnet – versehentlich erfolgten, und nicht zielgerichtet, um der Tochter des ehemaligen niedersächsischen Ministerpräsidenten Ernst Albrecht den Weg in die Politik zu ebnen. Das alles ist schwer vorstellbar. Viel schlüssiger ist es, dass sie auf dem Gymnasium in Lehrte in der 7. oder 8. Klasse die Regeln des Zitierens erlernt und verstanden hat. Frau Dr. med. von der Leyen ist ja wohl nicht unterdurchschnittlich intelligent. Ich teile im Gegenteil die Einschätzung von Antje Schmelcher, die diese auf faz.net als eine besonders begabte und besonders ehrgeizige Frau beschreibt. Aber sie wird besseres zu tun gehabt haben, als ihre Zeit mehr als unbedingt notwendig in eigene Gedanken zu investieren. Nachdem sie zehn Jahre lang studiert hatte, gab es für sie einfach gute Gründe, möglichst schnell promovieren zu wollen.

Abschreiben geht halt schneller. Das weiss wohl jeder, der einmal Schüler war. Man muss weder zehn Jahre lang studieren, noch promovieren, um diese einfache Erfahrung zu machen. Nur die Mitglieder des Senats der Medizinischen Hochschule Hannover erinnern sich daran anscheinend nicht.

Meine persönlichen Sympathien liegen in erster Linie bei der Altenpflegerin, die wegen einer Bagatelle wie dem „Maultaschenfall“ den Job verlor.

Für die Ministerin empfinde ich dagegen weit weniger Sympathien. Das liegt weniger an ihrer wissenschaftlichen, als an ihrer politischen Laufbahn. In diesem Beitrag zum Thema G36 zeichne ich Defizite ihrer aktuellen Politik nach. Im Vergleich zu aktuelleren Fehlleistungen mag ihre Doktorarbeit also tatsächlich als Bagatelle erscheinen.

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