Anmerkungen zu meinem Lebenslauf

Da ich Widersprüche im Lebenslauf von Axel Voss thematisiere, sollte ich auch Unklarheiten in meinem Lebenslauf erklären können. Zudem habe ich auf die Doktorarbeit von Ursula von der Leyen meine kleinen blauen Experten angesetzt und auch auf ihre Darstellung im Focus.

Da sollte ich mich wohl selbstkritisch fragen, ob ich den Ansprüchen genüge, die ich an Politiker stelle. Deshalb habe ich diese Experten auch auf meinen eigenen Lebenslauf angesetzt. Wie die Fälle von der Leyen und Voss zeigen, ist es fehlerträchtig, an vielen Orten verschiedene Fassungen des eigenen Lebenslaufes zu streuen. Deshalb veröffentliche ich diesen nur hier, auf meiner persönlichen Homepage. Trotzdem gibt es auch dort Widersprüche.

Frage: wie heiße ich? Am Telefon melde ich mich gerne Lübeck, wie die Hansestadt – doch was genau soll das besagen? Heiße ich nun niederdeutsch: Lübęk (Lübeek), oder mit hochdeutscher bzw. bühnendeutscher Aussprache ˈlyːbɛk? Antwort: 2019 wurde ich zum ersten Mal in meinem Leben mit dieser Frage konfrontiert. Die Frage hat mich verunsichert, denn der Verdacht liegt nahe, dass meiner Familie aus mangelnder Wertschätzung ein Dehnungs-c abhanden gekommen ist. Der Rest der Familie war 2019 jedenfalls nicht weniger verwirrt als ich. Wir haben uns auf die hochdeutsche Aussprache geeinigt. Bis 2019 war uns allen diese Thematik unbekannt – obwohl wir sicherlich beide Sprechweisen kannten und unbewusst als normal und akzeptabel erlernt hatten. Das Phänomen Dehnungs-c hätte mir aus einem weiteren Grund auffallen können: Seit 12 Jahren arbeite ich in Brackel, einem Ort, der im Gegensatz zur Hansestadt nicht dabei ist, sein Dehnungs-c umzudeuten. Brackel wird ganz eindeutig mit einem langen a, also Braakel [bʁaːkɛl] ausgesprochen.

Lebenslauf vom Bildschirm abfotografiert

Frage: warum weist mein Lebenslauf für das Studienjahr 1994/95 ein Auslandsstudium an der E.N.S.E.R.B in Bordeaux aus, obwohl es gar keine E.N.S.E.R.B in Bordeaux gibt? Antwort: Das liegt daran, dass die E.N.S.E.R.B im Jahr 2000 in ENSEIRB umbenannt wurde. In der Mitte ist ein „I“ für Informatique hinzugekommen, und die vielen Punkte spart man sich jetzt.

Erkenntnis: wenn ein Lebenslauf nicht zum jeweils aktuellen Wikipedia-Eintrag passt, dann muss das kein schlechtes Zeichen sein. Genau wie es kein gutes Zeichen ist, dass dieser Lebenslauf von Axel Voss zum aktuellen Wikipedia-Eintrag der Universität von Paris passt. Mehr…

Frage: Ich erkläre hier, wieso ich zugleich Elektrotechnik und auch Meß-, Steuerungs- und Regelungstechnik sowie optische Meßtechnik studiert haben will. Warum beanspruche ich dann ab und an für mich, Meßtechnik studiert zu haben? Antwort: Künstlerische Freiheit. Tatsache ist, dass ich seinerzeit sehr viel Meßtechnik studiert habe, die nichts mit Optik zu tun hatte. Besonders eingeprägt hat sich mir eine Vorlesung bei Prof. Klaus Schünemann. Dabei ging es um radargestützte Messtechnik. Schünemann erzählte von einem Ansatz, mit Hilfe von Ultraschall Wasser für sein Radar sichtbar zu machen. Ultraschall bewirke Dichteunterschiede im Wasser, die auf Radarwellen ähnlich wie ein Gitter wirken und somit für eine Rückstreuung sorgen können. Einprägsam war das jungenhaft fröhliche Lächeln, mit dem Schünemann erklärte, dabei ginge es aber nicht wirklich darum, Säcke voller Wasser sichtbar zu machen, sondern Soldaten auf einem Schlachtfeld. Einen Beleg für diese Erzählung kann ich leider nicht bieten. Irgendwo in dieser Veröffentlichungsliste des Forschungsbereichs 2-11 Hochfrequenztechnik könnte er aber versteckt sein.

Frage: Warum steht in meinem Lebenslauf nichts von meinem angeblichen Kriegsdienst auf dem Atomraketenwerfer, von dem hier zu lesen war? Antwort: Ich habe wirklich bei der Raketenartillerie den Kriegsdienst abgeleistet. Doch um nicht schon mit dem Wort „Kriegsdienst“ anzuecken, habe ich diese dunkelste Episode meines Lebens in dieser Darstellung nicht erwähnt. Um das Offensichtliche beim Namen zu nennen: Mein Lebenslauf richtet sich in erster Linie an ein Publikum, das Anpassungsfähigkeit zu schätzen weiß. Deshalb habe ich die Darstellung an die Erwartungshaltung dieses Publikums angepasst. Ich könnte meinen Kriegsdienst natürlich mit dem offiziellen Euphemismus „Wehrdienst“ umschreiben, und ignorieren, dass die Bundeswehr bereits zu Führung und Unterstützung illegaler Angriffskriege missbraucht wurde – aber da spare ich dieses Thema lieber komplett aus. Und Schweigen ist ja wohl legitim. Ich werfe ja auch Dr. Ursula von der Leyen nicht die Phasen vor, in denen sie ihr Archäologiestudium verschwiegen hat. Mich machen nur die ausdrücklichen Lügen mißtrauisch, hinter denen sie ihr erstes abgebrochenes Studium immer wieder verborgen hat.

Frage: Seit vier Jahren kann man hier lesen, ich würde zukünftig ein Studium der französischen Kultur und Sprache an der Sorbonne in meinem Lebenslauf aufführen. Was hat es damit jetzt auf sich? Sorbonne oder nicht Sorbonne? Antwort: Den Cours de civilisation française de la Sorbonne habe ich schon gemacht, aber folgende Aussage war nicht ganz korrekt: „Davon inspiriert will ich meinen Sprachkurs am ccfs in Zukunft als Studium der französischen Kultur und Sprache an der Sorbonne ausweisen,…“ tatsächlich hatte ich seinerzeit keinerlei Pläne, meinen Lebenslauf zu veröffentlichen. Weder mit namentlicher Nennung der Sorbonne noch ohne. Ich habe diese Aussage nur gemacht, weil sie rhetorisch gut passte. Ich hielt Dr. Ursula von der Leyen für einen schlechten Menschen, der Falsches tut. Mir schien jedes sprachliche Mittel recht, um auf ihr Fehlverhalten aufmerksam zu machen und ihr Einhalt zu gebieten. Wenn ich die Sorbonne jetzt nicht namentlich erwähne, dann liegt das daran, dass der Kurs nur scheinbar etwas Besonderes ist. Das älteste Gebäude der Sorbonne ist 670 Jahre älter als die Uni Hamburg. Das ist natürlich beeindruckend. Ihre Räume teilen sich über 82.000 Studenten der Universitäten Paris 1, Paris 3 und Paris 4. Also doppelt so viele wie in der Uni Hamburg. Eine Massenuni. Und in der vorlesungfreien Zeit finden die genannten Sommerkurse statt. Für Ausländer, deren Geld zur Finanzierung der ehrwürdigen Mauern beiträgt. Wen würde ich damit beeindrucken wollen? Aus ähnlichen Überlegungen mag Axel Voss einen Sprachkurs in Paris als nicht genügend spektakulär empfinden, weshalb er ihn hier zu einem Studium der Rechtswissenschaften aufpeppt.

Frage: In den Tiefen analoger Archive gibt es Hinweise dafür, dass ich nicht 1994, sondern 1993 nach Frankreich gegangen bin. Genau wie hier Ursula von der Leyen, scheine auch ich die Jahreszahlen in meinem eigenen Lebenslauf zu verwechseln. Das kann natürlich einen befremdlichen Eindruck machen. Denn eigentlich sollte man doch den eigenen Lebenslauf gut genug kennen, um die Jahreszahlen korrekt anzugeben. Antwort: Schon 1993 wollte ich nach Frankreich gehen. Deshalb habe ich damals meinen Ausstieg aus der Redaktion der Studentenzeitung der TUHH angekündigt, ohne zu ahnen, dass ich das benötigte Erasmus Stipendium 1993 nicht bekommen würde. Darum stand im Sommersemester 1993 auf Seite 29 der UNIverbal Nr. 12: „Jetzt geht Felix für ein Jahr nach Frankreich. Erst schien es das Ende, jetzt wird es für die UNIverbal ein Neuanfang“. Einfache Erklärung für diesen unpräzisen Wortlaut: Wir waren Amateure. Das erklärt auch die urheberrechtlich bedenkliche Gestaltung des Titelblatts, das auf ein mögliches Ende der UNIverbal verwies. (Es war nicht das Ende. Die UNIverbal erschien bis 1999, wie der Katalog der Bibliothek der TU Hamburg-Harburg hier zeigt)

Anmerkung: Die Mitarbeit in der Studentenzeitung hatte Nebenwirkungen, nicht nur in Bezug auf die Studiendauer. Sie verführte mich zu dem Glauben, dass Recherche und Veröffentlichung etwas bewirken können. Für die Ausgabe 11 hatte ich recherchiert, dass die damalige Praxis der Blockprüfungen nicht mit der Studienordnung für Elektrotechnik im Einklang stand. Und schon in Ausgabe 12 konnte ich berichten, dass das Prüfungsamt seine Anmeldepraxis umgestellt hatte. Heute ist mir bewußt, dass ich es vor allem der Integrität der Professoren im Prüfungsausschuss zu verdanken hatte, dass diese tatsächlich auf meine Veröffentlichung reagierten. Damals glaubte ich an die Macht der Prüfungsordnung – und der Studentenzeitung.

Ich habe auch schon gelogen

Frage: Habe ich auch mal wissentlich, aus eigenem Antrieb eine Falschaussage mit meiner Unterschrift bekräftigt? Antwort: Ja, und genau deshalb bin ich so befremdet, mit welcher Unbekümmertheit Dr. Ursula von der Leyen Falschaussagen zu unterschreiben scheint. Denn mich hat damals sofort das schlechte Gewissen und die Angst vor Entdeckung geplagt. Ich hatte gerade bei der Zeitarbeitsfirma Randstad unsere Studentenzeitung UNIverbal vorgestellt und eine Anzeige für die nachfolgende Ausgabe für einen Rekordpreis verkauft. Doch beim Quittieren sollte ich dann die Mehrwertsteuer getrennt ausweisen – und mir war klar, dass ich das nicht tun dürfte. Heute vermute ich, dass ich dies Ansinnen einfach hätte ablehnen können, ohne mein Gesicht oder den Anzeigenkunden zu verlieren. Damals traf ich unvorbereitet unter Druck die falsche Entscheidung. Ich unterschrieb eine Quittung mit getrennt ausgewiesener Mehrwertsteuer in dem Bewusstsein, dass weder ich noch die anderen Mitarbeiter der UNIverbal überhaupt in der Lage sein würden, die Steuer an den Fiskus abzuführen.

Anmerkungen: Die Falschaussage habe ich aus eigenen Antrieb getätigt, nicht auf Druck von Randstad. Denn dort konnte man ja nicht wissen, wie schlecht die UNIverbal verwaltungstechnisch aufgestellt war. Randstad galt mir schon damals als gutes Beispiel für Fairness. Das geht auf folgende Anekdote zurück: Ende der 80er wollte ich in den Sommerferien für 4 Wochen Zeitarbeit machen. Aus meiner Sicht war alles geklärt und ich wollte den Arbeitsvertrag schon unterschreiben. Da überraschte mich die Mitarbeiterin von Randstad mit einem Änderungsvorschlag. An Stelle von 4 Wochen könne der Vertrag doch über einen Monat laufen. Dann bekäme ich Anspruch auf 2 Urlaubstage und müsse auch nur 4 Wochen arbeiten – aber mit besserem Stundenlohn. Ich nahm den Vorschlag natürlich begeistert an. Noch heute deute ich diese Episode als Beispiel für Aufrichtigkeit und Loyalität einer Personalabteilung gegenüber den Mitarbeitern – in meinem Fall sogar gegenüber einem zukünftigen Mitarbeiter.

Frage: Mit meiner Formulierung: „Gerade weil ich auch mal wissentlich, aus eigenem Antrieb eine Falschaussage mit meiner Unterschrift bekräftigt habe, […]“ spiele ich anscheinend auf folgende Formulierung von der Leyens an: „Ich habe aber auch mal ein Studium abgebrochen.“ Während es eindeutig scheint, dass Leyen vorsätzlich den Eindruck erweckte, genau ein Studium abgebrochen zu haben und in Täuschungsabsicht ihr zweites abgebrochenes Studium verschwieg, ist der Kontext meiner Aussage weniger eindeutig. Wie viele Falschaussagen habe ich wissentlich, aus eigenem Antrieb mit meiner Unterschrift bekräftigt? Antwort: Ich bin mir keines weiteren Falles bewusst. Nichts mit obiger Geschichte vergleichbares hat sich meinem Gedächtnis eingeprägt. Und auch fremdgesteuertes Lügen gehört weder privat noch beruflich zu meinen Gewohnheiten. Lügen gehört generell nicht zu den Aufgaben von Entwicklungsingenieuren. Selbst bei VW und dem Dieselbetrug gehe ich davon aus, dass die beteiligten Entwicklungsingenieure kaum ihre Vorgesetzten belogen haben dürften.

Naiver Umgang mit Thema Lüge

In dem gesonderten Beitrag Über die Lügner zeichne ich nach, wie sich meine Sicht auf das Thema Lüge im Laufe der Zeit weiterentwickelt hat. Diese Entwicklung berührt zwar meinen Lebenslauf, würde aber den Rahmen dieses Beitrags sprengen.

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