Körberstiftung

Jeweils 10€ für wohltätige Zwecke stehen drei von der Körberstiftung anscheinend billigend in Kauf genommenen Zigaretten-Toten gegenüber.

Sollte der Körberstiftung ein Menschenleben wirklich nur 3,30€ Wert sein?

Es klingt unglaublich, aber die Zahlen scheinen eindeutig: Die Körberstiftung nimmt anscheinend weltweit 5,4 Millionen tabakbedingte Todesopfer billigend in Kauf, um jährlich 18 Millionen € für wohltätige Zwecke zu Verfügung stellen zu können. (genauere Rechnung s.u.)

Da hinter Körber formal eine gemeinnützige Stiftung steht, machen diese Zahlen fassungslos. Wie kann man für so wenig Geld so viel Leid produzieren, und sein Werk noch dazu als gemeinnützig betrachten?

Für Tabakunternehmen lohnt sich das Geschäft mit dem Tod

Firmen wie British American Tobacco oder Philip Morris gehen über Leichen, um ihre Anteilseigner zu bereichern. Und es steht ausser Frage, dass sich ihr Geschäft mit dem Tod lohnt. Die Tabakindustrie quetscht viele Tausend Euro aus einem durchschnittlichen Raucherleben. Einem Branchenumsatz von 13 Milliarden Euro in Deutschland stehen (jährlich!) rund 120.000 Todesopfer gegenüber (Zahlen von 2014, Quelle: Wirtschaftswoche. Diese Opferzahl steht auch im Drogen und_Suchtbericht 2017 der Bundesregierung). Die Tabakindustrie macht also insgesamt mehr als 100.000€ Umsatz pro Leiche, über die sie in Deutschland geht.

Sonderrolle des Körberkonzerns

Körber kommt als als Zulieferer für die Tabakindustrie eine besondere Rolle zu. Einerseits hat der Körber-Konzern nur einen kleinen Anteil der Wertschöpfung der gesamten Tabakindustrie. Andererseits ist Körber massgeblich verantwortlich für die niedrigen Produktionskosten von Zigaretten. Körber ist es zu verdanken, dass Zigaretten immer billiger hergestellt werden können. Dank niedriger Produktionskosten konnte die Tabaksucht seit Beginn des Jahrtausend Schwellenländer wie China und Indien, aber auch arme Länder wie Kenia wirksam durchseuchen. (Von diesem Wachstum berichtete genios 2008 hier)

Zigaretten ein tolles Geschäft?

Noch 2010 schrieb Winand von Petersdorff auf faz.net „Zigaretten bleiben ein tolles Geschäft“. Sein lesenswerter Artikel ist gespickt mit knackigen Zitaten wie:

„Die Entscheidung eines Minderjährigen, mit dem Rauchen zu beginnen, ist die kostspieligste Fehlentscheidung seines Lebens“  

„Man produziert Zigaretten für einen Penny, man verkauft sie für einen Dollar. Sie machen abhängig, und die Käufer bleiben ihren Marken treu.“ 

Doch die Dinge scheinen im Wandel. So berichtete der Körber-Konzern 2015 von strukturellen Marktveränderungen im Geschäftsfeld Tabak und sinkendem globalen Zigarettenkonsum. Das klingt fast nach einem langsamen Abschied von dieser Sparte. Aber ein Abschied ohne jede moralische Komponente – lediglich auf Grund sinkender Nachfrage nach Produktionsanlagen für die tödlichen Glimmstengel.

Offizielle Position der Körberstiftung zum tödlichen Geschäft

Der Pressesprecher erläuterte mir die Hintergründe für das Wirken der Körber-Stiftung auf Anfrage wie folgt: „Entsprechend dem Wunsch des Stifters gibt es keinerlei inhaltliche Zusammenhänge zwischen den Aktivitäten der Körber-Stiftung einerseits und den Geschäftsfeldern und Produkten der Körber AG bzw. ihren Konzerngesellschaften andererseits. Die gemeinnützigen Stiftungstätigkeiten sind in keiner Weise zugunsten der Tabakindustrie oder gegen sie ausgerichtet. In einer freien Gesellschaft liegt die Nutzung von Genussmitteln in der Verantwortung jedes Einzelnen. Die Stiftung versucht nicht, die Debatte über den Tabakkonsum zu beeinflussen.“

Diesen Pressesprecher scheint das von der Tabakindustrie bewirkte Leid so wenig zu kümmern, dass ihm die Suchtwirkung des Tabaks nicht bewusst ist. Wie groß muss das Desinteresse an den medizinischen Erkenntnissen der letzten Jahrzehnte sein, wenn man Tabak allen Ernstes als ein aus freien Stücken konsumiertes Mittel für den Genuß betrachtet?

Wenn man im vorletzten Jahrhundert Tabak als Genussmittel klassifiziert hat lag das wohl an der Unwissenheit in Sachen Krebs und Suchterkrankungen. Dass Tabak auch heute noch als Genussmittel gilt kann man nur auf erfolgreiche Lobbyarbeit der Tabakindustrie zurückführen.

Wie kann man von einer freien Gesellschaft sprechen und gleichzeitig die Augen vor dem Verdacht verschliessen, dass die Tabakindustrie vorsätzlich Kinder süchtig macht. Dass die Tabakindustrie also die Freiheiten unserer Gesellschaft missbraucht, um Kinder in die Ketten einer Sucht zu legen (Der Spiegel 09/2018 befasst sich ausführlich mit diesem Verdacht und darauf basierenden Strafverfahren)

Nachgerechnet

Eingangs wurde die Rechnung aufgestellt, dass die Körberstiftung jeweils drei tabakbedingte Todesopfer billigend in Kauf zu nehmen scheint, um jeweils 10€ für wohltätige Zwecke zu Verfügung stellen zu können.

Diese Rechnung ist natürlich vereinfachend. Nicht an jedem der weltweit 5,4 Millionen tabakbedingten Todesfälle ist Körber beteiligt. Es mag vorkommen, dass einzelne Tabakopfer in einer langen Raucherkarriere nicht eine einzige auf Maschinen von Körber hergestellte Zigarette in der Hand hatten. An deren Tod Körber also vollkommen unbeteiligt ist.  Groß wird dieser Anteil jedoch nicht sein. Wenn wir annehmen, dass auf jeweils 10€ für wohltätige Zwecke 2 billigend in Kauf genommene Zigarettentote kommen und nicht wie eingangs genannt drei, dann ist das wohl eine Untertreibung.

Umgekehrt tragen die Aktivitäten von Körber für die Tabakindustrie nur rund 40% des Körber-Umsatzes bei (Wert von 2011, Quelle: Daten und Fakten der Körber AG).

Um jeweils 10€ für wohltätige Zwecke zu Verfügung stellen zu können, erwirtschaftet der Körber-Konzern also 6€ auf respektable Weise. Aber für die anderen 4€ werden anscheinend mindestens 2 Zigarettentote billigend in Kauf genommen. (Gerechnet unter der Annahme, dass die Aktivitäten für die Tabakindustrie den gleichen Anteil am Körber-Gewinn haben wie am Umsatz, also ebenfalls 40%)

Bilder

Es ist schwer, die Geringschätzung der Tabakindustrie gegenüber dem menschlichen Leben in Bildern zu fassen. live-counter.com setzt auf Zahlen und realistische Bilder. Ich habe symbolisch ein paar Legofiguren überrollt.

Die Leichenspur der Tabakindustrie ist so breit und so allgegenwärtig, dass sie das Fassungsvermögen sprengt – und abstumpft und sogar langweilt. Weshalb über vergleichsweise unwichtige Lebensrisiken wie nichtstaatlichen Terror viel berichtet wird – aber über kaum eines der fast 15.000 Totesopfer, die der Tabakindustrie täglich weltweit zum Opfer fallen.

Schlussfolgerung

Wenn die Körberstiftung wirklich dem Gemeinwohl dienen wollte, dann sollte sie wohl die Hauni Maschinenbau GmbH auflösen und sämtliche Aktivitäten für die Tabakindustrie abwickeln. Oder sich komplett selbst auflösen. Auch wenn das bedeuten würde, den Wünschen eines Parteigenossen und Namensvetters Adolf Hitlers entgegen zu treten.

Die Wünsche des Stifters Kurt Adolf Körber lauteten wie oben erwähnt: keinerlei inhaltliche Zusammenhänge zwischen den Aktivitäten der Körber-Stiftung einerseits und den Geschäftsfeldern und Produkten der Körber AG bzw. ihren Konzerngesellschaften andererseits. Diese Wünsche deuten darauf hin, dass Körber die tödlichen Auswirkungen seines Schaffens nicht kümmerten. Adolf Körber besass anscheinend nicht die Weisheit eines Alfred Nobel. Schon vor Körbers Geburt war Alfred Nobel aus gutem Grund „Kaufmann des Todes“ genannt worden. Aber in der Rolle des Stifters achtete Nobel darauf, dass seine Stiftung wirksam Gutes tun würde. Und Nobel nahm dabei in Kauf, dass seine Stiftung einer Quelle seines Reichtums, der Rüstungsindustrie, in die Quere kommen würde. Lesetip: „How ‚merchant of death‘ Alfred Nobel became a champion of peace“ .

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