Verschwörungskonstrukt DPMA / Perpetuum Mobile

Das DPMA kann auf eine 140 jährige Erfolgsgeschichte verweisen, die keinen Raum läßt für ein Perpetuum Mobile.


Das DPMA blockt Versuche ab, Perpetua Mobilia zu patentieren. Diese Ablehnung könnte ein abgewiesener „Erfinder“ als Teil einer Verschwörung auffassen.

Motivation

Dieser Text betreibt ein Gedankenspiel, dass fast keine praktische Bedeutung hat. Nur ein Mensch in einer Millionen ist pro Jahr konkret betroffen. Und von den Betroffenen wird auch nur ein Bruchteil tatsächlich eine Verschwörung vermuten.

Ich halte die Ablehnung von Perpetua Mobilia für ein geeignetes Referenzbeispiel für Verschwörungskonstrukte, gerade weil so wenige direkt betroffen sind. Zudem neigt Patenrecht nicht dazu, die Gemüter zu erhitzen. Man kann an diesem Beispiel auf einer Metaebene Argumentationsweisen von Befürwortern und Gegnern anderer Verschwörungskonstrukte testen und diskutieren. Selten wird die Diskussion erschwert werden dadurch, dass einzelne Diskussionsteilnehmer von der Möglichkeit eines Perpetuum Mobiles überzeugt sind.

Ich werde mich in kommenden Beiträgen verstärkt mit Verschwörungskonstrukten befassen. Insbesondere Wikipedias Umgang damit ist sehr interessant.

Dafür möchte ich ein Beispiel in petto haben, bei dem nicht sofort ein Streit entsteht. Denn wenn einer der Gesprächspartner sagt: ‚wieso Verschwörungskostrukt – das war so!‘ dann wird es schnell kniffelig.

Hintergrundwissen

§1 und §5 des Patentgesetzes sorgen dafür, das unmögliche Maschinen nicht patentfähig sind. Die Entscheidungspraxeis des DPMA erklärt Perpetua Mobilia pauschal, ohne Prüfung im Detail für unmöglich. Sollte es also ein Erfinder wider erwarten schaffen, ein funktionsfähiges Perpetuum Mobile herzustellen und damit die Gesetze der Thermodynamik zu widerlegen, dann wird er nicht ein Patent darauf erhalten. Seine hypothetische Situation wäre paradox: Vor einem hypothetischen öffentlichen Funktionsbeweis wird die Patentanmeldung abgewiesen.

Bei einem offensichtlichen Perpetuum Mobile erfolgt die Abweisung im Rahmen der Offensichtlichkeitsprüfung vor der Offenlegung. Die Patentanmeldung wird also gar nicht erst veröffentlicht, sondern komplett unterdrückt! Dem Erfinder eines Perpetuum Mobile wird also nicht nur ein Patent verweigert, sondern auch die Prüfung und die Veröffentlichung. Seine Idee wird also komplett unterdrückt.

Nach einem öffentlichen Funktionsbeweis wäre die Erfindung nicht mehr patentierbar weil bereits vorveröffentlicht.

Der Erfinder würde ewigen Ruhm ernten, wenn sein Perpetuum Mobile skalierbar wäre zu brauchbaren Motoren und Kraftwerken. Und die Auslegung des Patentgesetzes würde danach natürlich umgestellt. Aber für sein hypothetisches Perpetuum Mobile käme das zu spät.

Dieses fiktive Szenario ist theoretisch möglich, wie Martin Buchholz anschaulich erklärt. Deshalb ist das pragmatische Vorgehen der Patentämter vom theoretischen Ansatz nicht ganz sauber.

wissenschaftlicher Konsens

Es besteht ein wissenschaftlicher Konsens dahingehend, dass Perpetua Mobilia unmöglich sind, und dass die Suche danach Zeitverschendung ist. Die bereits aufgewendeten Jahrhunderte der Suche waren nicht vergebens, weil sie der Menschheit wichtige Erkenntnisse zur Thermodynamik verschafft haben. Aber das Thema ist schon lange durch.

Es würde mich sehr wundern, wenn in diesem Jahrhundert noch Wissenschaftler ernsthaft hierüber gestritten hätten. Und im 20esten Jahrhundert war das Thema vermutlich auch schon durch. (Das legt jedenfalls dieser humorvolle Beitrag nahe, der auf eine Veröffentlichung von 1910 zurückgehen soll)

Konsens in der Presse

Motive für Verschwörungskonstrukt

Für einen vom Perpetuum Mobile Überzeugten, der die Hauptsätze der Thermodynamik nicht begreift, muss sich die Ablehnung der Perpetuum Mobiles wie eine Verschwörung anfühlen. Alle sind gegen ihn.

Die Patentämter machen sich nicht die Mühe, seine Denkfehler zu suchen und zu benennen. Sie überprüfen nicht, ob seine Maschine funktionieren kann, sondern sie ordnen sie in die Kategorie Perpetuum Mobile ein und schlußfolgern, dass sie nicht funktioniert, weil kein Perpetuum Mobile funktioniert. Aus dem Merkblatt für Patentanmelder des DPMA: „Als Patente können insbesondere nicht geschützt werden […] Konstruktionen und Verfahren, die den Naturgesetzen widersprechen (z.B. eine Maschine, die ohne Energiezufuhr Arbeit leisten soll – perpetuum mobile -).“

Das DPMA berichtete 2011, dass es jährlich über 100 Patentanträge auf Perpetua Mobilia erhält und abweist. 2012 drang ein enttäuschter „Erfinder“ eines solchen sogar (auf seine Kosten) bis zum Bundespatentgericht vor und blitzte dort ab. (Artikel einer Kanzlei, Entscheidung im Volltext)

Der „Erfinder“ würde auch kaum einen Patentanwalt dazu bringen können, für ihn tätig zu werden. Und nicht jede Kanzlei erklärt das Problem mit dem Perpetuum Mobile mit so verständnisvollen Worten wie die gediegene Hamburger Kanzlei Glawe Delffs Moll.

Hypothetisches Verschwörungskonstrukt

Inhalt

Das Patentrecht wird in nicht gesetzeskonformer Weise auf Perpetua Mobilia angewendet um die Forschung und Entwicklung daran zu behindern und zu verzögern.

Wegen der Verweigerung von Patentschutz kann nicht das notwendige Kapital für Forschung und Entwicklung zu diesem Thema investiert werden. Wenn Investoren Ihre Investitionen durch Patentanmeldungen schützen könnten, würden längst ausgereifte Perpetua Mobilia vorliegen.

Weltweit haben sich Energiekonzerne mit Patentämtern, Patentanwälten und der Lügenpresse verschworen, um die Entwicklung von Perpetua Mobilia zu verhindern.

Abgrenzung

Hier nicht gemeint ist das Verschwörungskonstrukt, dass Perpetuum Mobilia bereits existieren aber von Verschwörern unter Verschluß gehalten werden.

Konstruktionsfehler im DPMA

In §2 des Patentgesetzes findet sich eine lange Auflistung von nicht patentfähigen Gegenständen. Doch dort werden Perpetuum Mobilia leider nicht genannt. Tatsächlich wird die Blockade wie oben erklärt nur aus §1 und §5 abgeleitet.

Das führt dazu, dass Patentanmelder bei Perpetuum Mobilia nicht auf Basis eines Gesetzes diskriminiert werden, sondern auf Basis eines Naturgesetzes. Und sie werden viel umfassender diskriminiert als andere, nicht patentfähige Gegenstände: Die Veröffentlichung von Perpetua Mobilia wird unterdrückt – ohne jede ausdrückliche gesetzliche Regelung!

Andere unmögliche Maschine werden nicht derart systematisch blockiert. Denn die Prüfer blocken können und sollen gar nicht jede einzelne Behauptung und jede Berechnung eines Patentanmelders nachrechnen. Man könnte durchaus auf eine unmögliche Maschine ein Patent erhalten, die beispielsweise einen unmöglichen Lufthaken erfordert, also einen Haken, der in der Luft eingehakt werden müsste. Wenn nicht zufällig der Blick des Prüfers auf das unmögliche Detail fällt, wird ein Patentanmelder mit solchen Fehlern durchkommen.

Nur wenn der Anmelder als technischen Effekt der Maschine die Energiegewinnung aus dem Nichts angibt, dann wird die Maschine systematisch abgeblockt. Perpetuum Mobilia scheitern also fast immer im Patentamt, andere unmögliche Maschinen ggf. erst beim Versuch sie tatsächlich herzustellen und in Betrieb zu nehmen. Dann erweist sich natürlich, dass ein Patent auf eine unmögliche Maschine keinen praktischen Wert hat.

Patentamt und Gerichte haben sich auf eine Arbeitsweise geeinigt, die dem Amt natürlich eine Menge Arbeit erspart. Ausserdem wird so grober Unsinn aus den Patentdatenbanken herausgehalten. Aber warum das ohne solide gesetzliche Basis erfolgt, erschliesst sich mir nicht.

Keine Rechtsberatung

Dieser Text stellt keine Rechtsberatung zum Thema Patentrecht dar. Einige Aussagen sind stark vereinfachend, und es mögen auch Fehler enthalten sein. Die hypothetische Möglichkeit eines nichtöffentlichen Funktionsbeweis in den Räumen des Amtes habe ich unterschlagen.

Es geht hier um ein mögliches Szenario für ein Verschwörungskonstrukt, um ein Gedankenspiel, das als Werkzeug dienen soll für Diskussionen über vollkommen andere Verschwörungskonstrukte.

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