Geplante Rede für VW Hauptversammlung

Das folgende Redekonzept konnte ich leider nicht verwirklichen. Mir wurde die notwendige Redezeit verwehrt.

Guten Tag meine Damen und Herren,
ich möchte Sie um 7 Minuten Ihrer Aufmerksamkeit bitten.
In diesen 7 Minuten möchte ich eine Bilanz zu 21 Jahren Umweltmanagement bei VW ziehen,
über Leichen im Keller sprechen, meine persönliche Motivation darlegen, Verbesserungsmöglichkeiten aufzeigen und meinen Gegenantrag im Detail erläutern.

Seit 1996 verfügt VW über ein zertifiziertes Umweltmanagement. In dieser Zeit hat VW viel erreicht. VW tut viel für eine möglichst wenig umweltschädliche Produktion. Die Umweltziele von VW erscheinen mir ausgesprochen weitsichtig.

Aber, und jetzt komme ich zu den Leichen im Keller, diese Ziele sind nicht in jedem Kopf angekommen, werden nicht von jedem Mitarbeiter getragen.
Aktuell heiss diskutiert werden die Sünden bei den Schadstoffen. Doch die Sünden beim Verbrauch sind nicht weniger gravierend. Die VW Umweltziele zum Verbrauch sind eindeutig. Einerseits soll der Verbrauch auf dem Rollenprüfstand kontinuierlich gesenkt werden, andererseits soll der Verbrauch im Kundenbetrieb kontinuierlich gesenkt werden.

Dieses zweite, gleichberechtigte Ziel wird jedoch an vielen Stellen ignoriert!
Sie kennen vermutlich die Vorwürfe von Greenpeace, VW’s Verbrauchsbilanz im Kundenbetrieb sei schlecht. Aber, meine Damen und Herren, veröffentlicht denn VW überhaupt eine Verbrauchsbilanz im Kundenbetrieb? Ich habe lange gesucht, aber keine gefunden. Weder im Geschäftsbericht, noch in der Umweltbilanz, nirgendwo fand ich Fakten zum Verbrauch im Kundenbetrieb!
Es ist ja nicht so, dass VW sich verstecken müsste. Ich fahre selber einen VW Polo TDI Bluemotion. Wenn ich eine Sprit sparende Fahrweise wähle, erreiche ich tolle Verbrauchswerte. So mancher gehypte Hybrid würde im Vergleich dazu alt aussehen – wenn der Verbrauch im Kundenbetrieb verglichen würde. Doch das wird unter anderem durch VW’s Unvermögen verhindert, eine Verbrauchsbilanz im Kundenbetrieb vorzulegen.

Leiche 2: Die Betriebsanleitungen passen nicht zu den Fahrzeugen, weil zu allen Motorisierungen die gleiche, unspezifische Anleitung mitgeliefert wird. Für einen Benziner gute Ratschläge, wie zum Beispiel Gänge überspringen, bei 50 Km/h in den fünften Gang schalten, passen schlecht zu einem Diesel und für den besonders lang untersetzten VW Polo TDI Bluemotion passt es dann gar nicht.

Leiche 3: Die Betriebsanleitung empfiehlt ein falsches Bremsverhalten. Der Fahrer soll möglichst Bremsen vermeiden und ausrollen lassen. Das ist ein schlechter Rat, der zu vergammelnden Bremsen führen kann. Im schlimmsten Fall könnte dieser schlechte Rat tödlich sein.
Tatsächlich steht in der Betriebsanleitung auch der gegenteilige Rat, vorsätzlich zu bremsen, um vergammelnde Bremsen zu vermeiden. Aber den muss man erstmal finden. Beim Produktionsjahr 2008 war der zum Beispiel in den Abschnitt über das Einfahren eines Neufahrzeugs sortiert.

Leiche 4: Ultra-Spardiesel wie der Polo BlueMotion sind so konstruiert, dass bei Sprit sparender Fahrweise die Bremsen vergammeln. Die Auslegung der Bremsen ist tatsächlich sehr schwierig. Ob der Kunde den Wagen überlädt, Passstrassen runterrast, wie ein Rennfahrer permanent zwischen Gas und Bremse wechselt oder eine Anhängerkupplung angeschweisst hat und mit überladenen Anhänger unterwegs ist – die Bremsen dürfen niemals versagen. Sie müssen jederzeit bereitstehen, um die vollständige kinetische Energie schlagartig in Wärme umzusetzen. Und diese Wärme muss an den Luftstrom abgegeben werden – vor der nächsten Vollbremsung. Die Bremsennorm DIN 15434 kennt nur eine Lösung für das Problem: Auslegung der Bremsen und der Bremsenkühlung auf den Worstcase. Das ist ein grundsolider Ansatz aus dem Analogzeitalter, aber er sorgt für gewaltige Probleme bei einem Fahrzeug, das Sprit sparend gefahren werden soll.

Leiche 5: VW ist nicht fähig, den bestimmungsgemäßen Zweck der Sprit sparenden Autos der Marke Bluemotion anzugeben. Der Justiziar kann keine Antwort, obwohl ich diese Frage bereits vor 2 Monaten ausdrücklich an VW adressiert habe. Vor zwei Wochen habe ich die Frage nochmal per Einschreiben an ihn geschickt. Anscheinend konnte mein Brief nicht die VW-interne Firewall überwinden. Die Firewall also, die bei VW dazu eingerichtet ist, Vorstand und Aufsichtsrat von der Realität abzuschirmen.

Wenn der bestimmungsgemäße Zweck Sprit sparendes Fahren ist, dann weisen die Bremsen objektiv einen Konstruktionsfehler auf.
Wenn VW eine Sprit sparende Fahrweise zum Mißbrauch erklärt, dann droht ein Marketingdesaster – die Käufer würden sich getäuscht fühlen, denn VW erweckt den Eindruck, die Produkte unter der Marke Bluemotion seien geeignet, Sprit sparend gefahren zu werden.

Zu meiner persönlichen Motivation:
Ich bin Ingenieur, Erfinder und Blogger. Ich lese beruflich sehr viele Patentschriften, und melde auch eigene Patente an. Seit mir 2014 die Mängel an meinem Polo auffielen, habe ich viele Patentschriften zum Thema Kfz-Bremsen gelesen. Ich habe 4 der aufgezählten Leichen im VW-Keller auf 3 anscheinend bisher unzureichend gelöste technische Probleme zurückgeführt. Ich habe für alle drei Probleme eigene Lösungen gefunden, und jeweils zum Patent angemeldet.

Ich stehe hier, weil ich VW meine Erfindungen verkaufen möchte. Aber zunächst schenke ich Ihnen, Herr Müller, einen Satz Ausdrucke dieser drei Anmeldeschriften. Zu Ihrer hoffentlich wohlwollenden Kenntnisnahme. Sie erhalten exklusiv das Recht, als erster weltweit diese Erfindungen zu bewerten. Wenn Sie kein Interesse zeigen, dann werde ich meine Anmeldungen sehr bald auf meinem Blog veröffentlichen.
Auf meinem Blog unter www.ideenschmied.eu finden Sie zum Stichwort VW unter anderem einen Nachruf auf den VW Polo TDI Bluemotion. Sie ahnen es, ich bin trotz allem ein großer Fan dieses Modells. Ich bedaure sehr, dass es 2015 klammheimlich vom Markt genommen wurde.

Meine drei Lösungsvorschläge lauten in aller Kürze:

  • Abkehr von der Bremsennorm DIN 15434. Denn diese Norm vermeidet eine Überhitzung der Bremsen mit einem Ansatz, der aus dem Analogzeitalter stammt.
  • Die Fahrzeugelektronik soll den Fahrer warnen, bevor seine Bremsen vergammeln.
  • Kraftstoffverbrauch und Schadstoffausstoss im Kundenbetrieb systematisch zählen, so wie der Elektrizitätsverbrauch in deutschen Haushalten systematisch gezählt wird.

Zu meinem Gegenantrag:
Ich habe einen Verzicht auf 3 cent pro Aktie vorgeschlagen, damit VW noch in diesem Jahr ein Lösungspaket mit Investitionen von 15 Millionen € schnüren kann, das sämtliche von mir benannten Probleme angeht.

Der eigentliche Entwicklungsaufwand wird nur einen Teil des Pakets ausmachen.
Die Korrektur der mangelhaften Bedienungsanleitungen ist in dem Paket enthalten,
sowie die Neugestaltung der mangelhaften Download-Funktion für die Bedienungsanleitungen,
und organisatorische Maßnahmen für die Erhebung des Kundenverbrauchs bei Bestandsfahrzeugen.
Die Abkehr von der Bremsennorm DIN 15434 wird viel Aufwand für Lobbyarbeit erfordern, der ebenfalls berücksichtigt ist.

Meine Damen und Herren, ich möchte Sie um einen Verzicht auf 3 cent pro Aktie bitten, damit Diesel und Benziner im 21. Jahrhundert weiter die Rolle spielen können, die technisch und ökologisch sinnvoll ist. Denn wenn VW seine Hausaufgaben nicht macht, steht die Politik bereit, um Diesel und Benziner komplett zu verbieten.
Sie haben es in der Presse gelesen! In Norwegen, Holland, Österreich, Indien und auch in Deutschland wird das Verbot des Verbrennungsmotors im Automobil diskutiert.
Technisch und ökologisch wäre es ein Desaster, wenn noch nicht angemessen ausgereifte Elektrofahrzeuge – politisch erzwungen – zu früh breitflächig ausgerollt würden. Und es wäre für VW ein Fiasko.

Ich danke Ihnen!

Alternative Fortsetzung:
Meine Damen und Herren, die sieben Minuten sind um, aber ich sehe, dass ich noch immer Ihre volle Aufmerksamkeit habe. Das möchte ich nutzen, um etwas genauer auf das Umweltmanagement einzugehen. Ich möchte Seite 93 des Nachhaltigkeitsberichts 2014 zitieren:

„Wie alle anderen Automobilhersteller müssen wir uns an das rechtlich vorgeschriebene Testverfahren halten. Wir können deshalb keine anderen Werte ausweisen als die durch den NEFZ ermittelten.“

Die Autoren des Nachhaltigkeitsberichts behaupten also sinngemäß: „Weil VW den Test auf dem Rollenprüfstand machen muss, darf VW keine Verbrauchswerte im Kundenbetrieb erheben und veröffentlichen“. Um diesen Gedanken besser zu verstehen, möchte ich ein Gedankenspiel vorschlagen.
Angenommen, VW hätte den Verbrauch aller Polos übers Kalenderjahr 2015 erhoben. Angenommen, VW hätte beispielsweise ermittelt, dass die im Kundenbetrieb verbraussparendsten 25% der 100KM-Etappen (= das 1. Quartil), unter 6 Liter auskamen, dass die im Kundenbetrieb spritschluckensten 25% der 100 km-Etappen (= das 4. Quartil) über 8 Liter erforderten, und die restlichen dazwischen. Angenommen, VW hätte das Ergebnis in üblicher Form veröffentlicht, also Kundenverbrauch Polo 6-8 Liter/100 km.

Würde VW mit dieser Information Gesetze brechen? Würden Sie, Herr Müller, sich strafbar machen, wenn VW zusätzlich zum NEFZ auch den Kundenverbrauch veröffentlichte?

Bei allem Respekt, diese These wirkt wie eine absurde Schutzbehauptung. Das sieht nach einem Vorwand aus! Ein Vorwand, um das selbstgesteckte Ziel – Reduktion des Verbrauchs im Kundenverbrauch – nicht gleichberechtigt verfolgen zu müssen.

Zum Abschluss möchte ich Seite 95 des Nachhaltigkeitsberichts 2014 zitieren:
„Der neue Polo TDI BlueMotion verbraucht nur 3,1 l/100 km. Als mögliche Reichweite ergeben sich damit 1400 km – eine Strecke von Flensburg bis Venedig.“

Verbrauch auf dem Rollenprüfstand und Verbrauch im Kundenbetrieb werden hier also gleichgesetzt. Wie sollen denn die Mitarbeiter ein Umweltziel mittragen, das selbst die Autoren des Nachhaltigkeitsberichts 2014 nicht ernst nehmen?

Ich danke Ihnen!

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