Märklins Märchen vom Patentschutz

Die Firma Märklin behauptete über lange Jahre wahrheitswidrig, die Steck-Verbindung ihres neuesten Gleissystems (des C-Gleises) wäre patentiert.

Maerklin C-Gleis
Sehr geehrter Herr Florian Sieber,

jahrelang täuschte die Firma Märklin einen Patentschutz auf ihr C-Gleissystem vor, der tatsächlich nie bestanden hat. Wurden auch Sie Opfer dieser Täuschung, oder waren Sie über die wahren Verhältnisse informiert, als Ihr Vater und Sie im März 2013 die traditionsreiche Firma Märklin übernahmen?

Die Formulierung „patentierte Steck-Verbindung (DBP 40 33 440)“ zieht sich durch Märklins Internet Auftritt wie ein roter Faden. (Siehe Archivierungen von 200220052007 und März 2013.) Der Wortlaut im Katalog, beispielsweise 2012 archiviert: „Die Rastverbindung mit dem ‚Click‘ hält die Gleise der Anlage betriebssicher und geometrisch präzise zusammen. Zum Trennen werden die Gleise einfach gegeneinander geknickt, die Raste löst sich. Diese einzigartige Steckverbindung ist patentiert (DBP 40 33 440).“

Tatsächlich hatte der Schutzbereich von Märklins Patent DE4033440C1 nichts mit dieser „einzigartigen Steckverbindung“ zu tun. Die DE4033440C1 bezog sich nur auf fertigungstechnische Details elektrischer Verbindungen innerhalb des einzelnen Gleisstücks, also auf Optimierungen, die Märklin 1990 eingeführt hatte. Selbst eine sklavische Kopie der ursprünglichen, bereits 1988 eingeführten Gleisgeometrie hätte das Patent nicht verhindert.

Märklin hatte 1988 anscheinend eine rechtzeitige Patentanmeldung verschlafen. Es kam immerhin zur Anmeldung des Gebrauchsmusters DE8808959U1. Denn in Deutschland ist auch noch nach der Präsentation auf einer Messe (hier die Nürnberger Spielwarenmesse vom Februar 88) die Anmeldung eines Gebrauchsmuster möglich. Aber laut Register wurde dieses Gebrauchsmuster 1996, also bereits nach 8 Jahren fallen gelassen.

Noch im September 2015 war das Märchen von der patentierten Steck-Verbindung online, und wurde zuletzt am 25.09.2015 archiviert, also absurde 25 Jahre nach der Anmeldung der DE4033440C1. Absurd deshalb, weil ein Patent grundsätzlich nicht länger als 20 Jahre ab dem Anmeldezeitpunkt aufrecht erhalten werden kann. Und laut Auszug aus dem Patentregister war die DE4033440C1 bereits 2001 wegen fehlender Gebührenzahlung ausgelaufen.

Dass Ende 2015 dieses Märchen endlich fallen gelassen wurde, schreibe ich einem frischen Wind im Unternehmen zu, den Sie mitgebracht haben müssen, Herr Sieber. Ich wünsche Ihnen weiterhin eine glückliche Hand bei den vielfältigen Herausforderungen, die sich Ihnen bei Märklin stellen!

Mit freundlichen Grüßen, Felix Lübeck

PS:
In der Nachschau lässt sich sagen: Märklin muss vor der Insolvenz ein Vermögen für Patente ausgegeben haben. Es finden sich hunderte Anmeldungen, die sich teilweise auf unbedeutende Randprodukte beziehen. Aber eine der grundlegensten Erfindungen, das wirklich innovative C-Gleis, wurde kaum geschützt. Und es wird trotzdem anscheinend bis heute nicht nachgebaut. Offenbar ist der Markt für Modelleisenbahnen zu klein, als dass sich ein Nachbau lohnen würde.

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