Verzichtet Daimler zukünftig auf Manipulationen?

Sehr geehrter Herr Zetsche,

stimmt das Gerücht, dass zukünftig bei Daimler Abgaswerte nicht mehr manipuliert werden sollen? Werden die Emissionen dann wirklich an unmanipulierten Serienfahrzeugen gemessen? Und werden tatsächlich die messtechnisch ermittelten Emissionswerte ohne Manipulation veröffentlicht?

Auf Grund der Veröffentlichung „Mind the Gap! Why official car fuel economy figures don’t match up to reality“ vom 13.3.2013 nahm ich an, dass die gesamte Branche manipuliert. Ich erwartete, dass ausnahmslos bei jedem Produkt aller Ihrer Marken mindestens die Verbrauchswerte und damit die Werte für die Emission von CO2 manipuliert sind. Doch jetzt stieß ich auf den Drohbrief Ihres Anwalts Prof. Dr. Schertz an die Deutsche Umwelthilfe. Dies Schreiben erweckt den Eindruck, dass die Daimler AG Abgaswerte nicht manipuliert. Das führte mich zu Ihrer Kapitalmarktmeldung „Daimler AG weist Vorwurf der Manipulation auf das Schärfste zurück“ vom 25.09.2015. Diese erweckt ebenfalls den Eindruck, dass die Daimler AG Abgaswerte nicht manipuliert.

Der Brief und diese Meldung haben mich verblüfft. Einmal neugierig geworden, habe ich versucht, nachzuforschen. Dabei bin ich auf das Gerücht gestoßen, dass bei bestimmten Daimler Modellen die Abgaswerte tatsächlich nicht manipuliert sein sollen. Und ich habe davon gehört, dass Daimler zukünftig auf Manipulationen verzichten will – ggf. noch in diesem Jahr.

Können Sie das bestätigen? Werden zukünftig die Abgaswerte nicht mehr manipuliert bzw. gibt es bereits Modelle, bei denen Daimler auf die Manipulation von Abgaswerten verzichtet hat?

Mich interessiert weniger, inwieweit Manipulationen dem jeweils von Staats wegen durchgesetzten gesetzlichen Rahmen entsprechen. Ich unterstelle einmal, dass Daimler grundsätzlich diesen Rahmen beachtet – so wie Daimler sicherlich auch 1933-1945 grundsätzlich alle von Staats wegen durchgesetzten Verordnungen und Gesetze etc. zum Schutz der jüdischen Bevölkerung beachtet hat.

Mich interessiert, ob Daimler

  • Serienfahrzeuge vor Emissionstests verändert (=manipuliert). Bei Verbrauchstests sollen alleine die legalen Maßnahmen das Abkleben von Spalten mit Klebeband, Austausch von Reifen, Austausch von Schmiermittel etc. umfassen.
  • die messtechnisch ermittelten Emissionswerte verfälscht (=manipuliert). Bei Verbrauchstests soll der Abzug von 4% vom Messwert legal sein.
  • potentielle Kunden täuscht (=manipuliert) indem beispielsweise in Anzeigen der Eindruck erweckt wird, die Emissionen der beworbenen Serienfahrzeuge seien ermittelt worden, obwohl tatsächlich die Emissionen nicht an Serienfahrzeugen gemessen wurden.

Das Thema Abschalteinrichtungen spare ich hier bewusst aus. Die Aufklärung illegaler Abgasmanipulationen zum Beispiel durch die Deutsche Umwelthilfe schreitet aus meiner Sicht voran. Zu wenig beachtet wird in meinen Augen jedoch die Verwerflichkeit der legalen Manipulationsmöglichkeiten. Denn der von Staats wegen durchgesetzte gesetzliche Rahmen erscheint mir offenkundig ungeeignet, um Emissionen wirksam zu beschränken.

Mit dem Vorstandsressort für Integrität und Recht war Daimler Vorreiter. Dort mag die Erkenntnis gereift sein, dass nicht jede gesetzliche Möglichkeit zur Gewinnmaximierung ausgeschöpft werden muß. Mit einem freiwilligen Verzicht auf legale Manipulationen könnte Daimler erneut Vorreiter sein.

Mit freundlichen Grüßen, Felix Lübeck

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