Geheimpatente

Nur ein kleiner Anteil aller Patentanmeldungen auf Waffentechnologie wird geheim gehalten. In Deutschland verschwinden im Mittel kaum ein halbes Dutzend Patentanmeldungen jährlich im Büro 99.

Das geht aus einer Informationsfreiheitsanfrage „Staatsgeheimnisse bei Patenten und Gebrauchsmusters“ hervor, deren Ergebnis hier heruntergeladen werden kann. Das Büro 99 ist die zentrale Stelle des DPMA für Patent- und Gebrauchsmusterangelegenheiten, die von Geheimhaltung betroffen sind. In Geheimschutz.pdf erklärt das DPMA die Zusammenhänge.

Das bedeutet, dass selbst in einem kleinen Teilbereich aller Waffenpatente, wie der Patentklasse F42B1/02 (geformte Ladungen oder Hohlladungen) pro Jahr mehr Waffen veröffentlicht werden, als insgesamt pro Jahr in Deutschland Patentanmeldungen als geheim klassifiziert werden. Beispielsweise im Jahr 2010 gab es in der europäischen Datenbank 11 Veröffentlichungen in dieser einen Klasse F42B1/02. Dem gegenüber standen 2010 insgesamt nur 3 Patentanmeldungen in Deutschland, die als geheim eingestuft wurden.

Bitte entschuldigen Sie den Eindruck, dass hier Äpfel (Geheimpatente in Deutschland) mit Birnen (vom europäischen Patentamt veröffentlichte Patente) verglichen werden. Tatsächlich zitiere ich bevorzugt Suchergebnisse beim europäischen Patentamt, weil sich dort direkt die Suche verlinken lässt. Das geht beim Deutschen Patent- und Markenamt nicht. Wenn Sie aber die Expertensuche des DPMA aufrufen und dort von Hand diese Suchanfrage eintippen: „AY = 2010 UND ICM = F42B1/02″, dann werden Sie ebenfalls 11 Treffer erhalten.

In der Patentklasse F41 (Waffen) werden an einem einzigen Arbeitstag mehr Waffen angemeldet, als insgesamt pro Jahr in Deutschland Patentanmeldungen als geheim klassifiziert werden.

In dem Beitrag Abertausende frei zugängliche Waffenpatente versuche ich einen Eindruck von der schieren Masse an frei zugänglichen Patentdokumenten auf Waffentechnologie zu vermitteln. Ohne sauber nachzählen zu können oder zu wollen, nehme ich ein Verhältnis von höchstens 1:100 an. Auf jede geheimgehaltene Patentanmeldung scheinen mehr als 100, ja bis zu 1000 veröffentlichte Anmeldungen auf Waffentechnologie zu kommen.

Links

Das FIZ Karlsruhe, Leibniz-Institut für Informationsinfrastruktur GmbH, äussert übrigens in dem Beitrag Das Büro 99: Geheime Patentierung die Vermutung, dass die meisten Erfindungen auf dem Gebiet der Rüstungstechnologie „Geheimpatente“ sein werden. Der Beitrag stammt allerdings von 2014, als die Zahl der Geheimpatente noch geheim war.

Wolfgang Pfaller über Waffenpatente, mit detaillierter Schilderung von Besonderheiten während der beiden Weltkriege.

Die Patente der National Security Agency (NSA), ebenfalls von Wolfgang Pfaller, zeigt, dass Hunderte von Patenten der Geheimniskrämer von der NSA nicht geheim sind.

Atomwaffen sich sicherlich die wichtigste Domäne der Geheimpatente. Doch in dem Artikel The Secret Patents for the Atomic Bomb schildert Alex Wellerstein, dass auch zum Thema Atomwaffen immer mehr Fachwissen in Form von Patentdokumenten öffentlich zugänglich wird. Der Artikel From classified to commonplace: the trajectory of the hydrogen bomb ‘secret‘ vom gleichen Autor zeigt das gleiche für das Thema Wasserstoffbombe.

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